Nach fast sehs Wochen im Iran ist hier der Alltag eingekehrt. Die Hälfte meines Aufenthalts ist fast rum und ich habe das Gefühl schon immer hier zu sein. Fünf mal die Woche fahre ich morgens zwischen 8:20 Uhr und 8:40 Uhr mit einem privaten Minibus zum etwa 5km entfernt gelegenen Sprachinstitut.
Der Bus fährt jeden Tag zu einer anderen Zeit, einen strikten Zeitplan gibt es nicht und so passiert es auch manchmal, dass er viel zu spät oder gar nicht kommt. Ich bin dann dementsprechen auch zuspät dran.
Auch hängt es vom Verkehr ab, ob ich mir noch schnell einen Tee oder einen miserablen Instantkaffee vor Schulbeginn ziehen kann. Pünktlichkeit hat hier sowieso eine ganz andere Dimension, wer schon mal in einer Großstadt gelebt hat, und damt meine ich nicht Hamburg oder Berlin, weiß, dass es viele Variablen geben kann, die einen Zeitplan völlig kaputt machen können. Daran muss ich mich noch gewöhnen.
Der Unterricht dauert von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr, um 10:15 Uhr gibt's allerdings noch eine Pause von 30 Minuten, die zum Frühstücken genutzt werden kann.
Mittagessen bietet die instituteigene Kafeteria auch an, meistens ist es jedoch lieblos gekocht und ich besuche ein "Restauran-e Sunnati", das solides Essen für preiswert anbietet.
Fast jeden Tag führt mich mein Weg nach der Schule zu einem Coffeeshop am Tajrish-Square, hier sitze ich dann mit den anderen Ausländern zusammen und wir schlagen die Zeit tot. Zumindest für ein bis zwei Stunden verarbeiten wir Eindrücke und sammeln neue. Schmieden Pläne, was man erleben sollte und welche Orte in Iran zu den "Must See" gehören. Oft zentriert sich auch das Interesse der anderen Gäste auf uns, vor allem auf die blonden Norweger. Total überrascht, dass die dann auch noch "Farsi" sprechen, hört man dann meistens ach dem ersten "Salam" Sätze wie "ey baba farsi kheyli khub baladin", was soviel heißt wie "Sie sprechen aber gut persisch". Ich kann's nicht mehr hören.
Dann irgendwann ist die Zeit gekommen zurück ins Studentenwohnheim zu fahren und sich seinen Hausaufgaben für den nächsten Tag zu widmen. Die Abende vertreibe ich mir entweder mit Basketballtraining, Indoorklettern, Bowling, Essengehen oder Wasserpfeife rauchen, oder halt einfach nur mit meinen Komilitonen Filme schauen.
Eine Kaschemme zu finden, in der es sowohl für Männer als auch für Frauen erlaubt ist Wasserpfeife zu rauchen scheint nicht möglich. Auch daran muss man sich erstmal gewöhnen, dass es sich nicht gehört gewisse Dinge, gewisse Aktivitäten zusammen mit dem weiblichen Geschlecht zu unternehmen. Deshalb auch eine in zwei Teile untergliederte Bowlinghalle, der vordere Teil des Busses für die Männer, der hintere für die Frauen. Es bestehen andere Regeln hier und es ist schwer damit umzugehen. Die Unterteilung der Bevölkerung in zu allererst Mann und Frau ist überall präsent.
Nicht, dass ich ständig Frauen um mich herum haben muss, aber schon alleine die Möglichkeit nicht zu haben nervt.
Die erste Hälfte meines Aufenthalts ist also vorrüber, am Mittwoch steht ein kleiner Test an und dann geht's ab dafür in den Süden, neun Tage Ferien, darauf freu ich mich schon seit sechs Wochen.